2020-07-16 Bericht Sport
Die kleinen Swiss Indoors
Die Internationalen Crossklinik Tennis Open locken ohne Startgage Topspieler nach Basel. Beinahe wäre gar ein grosser Coup geglückt.
Simon Leser
Am Dienstag folgte die nächste
Hiobsbotschaft für die Region
Basel, auch wenn es nur eine
längst erwartete Vollzugsmeldung
war. Die Swiss Indoors
2020 sind definitiv abgesagt. In
der gleichen Woche, in der die
Meldung publik wurde, avanciert
Basel dennoch zum Zentrum
der Schweizer Tennisszene.
Vom heutigen Donnerstag
bis Sonntag finden die
16. Internationalen Crossklinik
Tennis Open statt. Das Turnier
ist in der Region kein unbeschriebenes
Blatt, es zieht auch
in normalen Jahren vor allem
nationale Topspieler an. Und
doch ist gegenwärtig alles ein
bisschen grösser. Ein Jahr, das
für das internationale Tennis
einer Seuche gleicht, wird für
das Basler Turnier zum Glücksfall.
Weil Tennisspieler, ob Profis
oder Nachwuchstalente, dringend
auf Spielpraxis angewiesen
sind, wird die Turnierleitung um
Kurt Schudel mit Anmeldungen
regelrecht überschwemmt. «Wir
haben nicht damit gerechnet,
dass die Teilnehmerzahlen derart
explodieren», sagt Schudel,
der das Turnier in normalen Jahren
an Pfingsten durchführt.
Eine Prise Bollywood und
ein fast geglückter Coup
Bei den Männern stehen sieben
der besten zehn Schweizer Tennisspieler
im Einsatz. Einzig Damien
Wenger und die beiden
grossen Weltenbummler, Stan
Wawrinka und Roger Federer,
kommen nicht. Bei den Frauen
sind vier der besten zehn nationalen
Spielerinnen dabei, darunter
die Nummer 3 der Schweiz,
Viktorija Golubic. Komplettiert
wird das Teilnehmerfeld durch
internationale Spieler. Allesamt
keine Weltstars, aber durchaus
gestandene Profis. Die Herrenkategorie
wird etwa durch Sumit
Nagal angeführt, der Inder
nahm an den vergangenen US
Open gar Roger Federer den
Startsatz ab und ist nun für eine
kleine Prise Bollywood-Flair verantwortlich.
Indische Zeitungen
haben seinetwegen bei der Turnierleitung
bereits Medienanfragen
deponiert.
Die abgesagten internationalen
Turniere sowie der Drang
der Spieler nach Tennis kommen
den Verantwortlichen freilich
entgegen. Doch das kleine Turnier,
das auf den Anlagen des
BLTC und der Old Boys sowie in
Riehen und Aesch die Spiele
durchführt, kann sich auch auf
den eigenen Ruf verlassen. «Bei
uns stehen die Spieler immer im
Vordergrund», sagt Schudel.
Das Turnier punktet mit einem
familiären Umgang und einem
hohen Spielrhythmus in wenigen
Tagen. Wer bei den Herren das
Turnier gewinnen möchte, muss
in vier Tagen sieben Spiele gewinnen.
«Für die Spieler ist es
ein guter Konditionstest, bevor
es international wieder losgeht»,
sagt Schudel.
Beinahe hätte ein noch bekannterer
Spieler das Turnier
mit seiner Anwesenheit beglückt:
Alex de Minaur, die Nummer
26 der Welt. Zuerst sagte die
Turnierleitung dem Finalisten
der letztjährigen Swiss Indoors
ab, weil die Verantwortlichen
keine Startgage zahlen wollen.
Eine Privatperson hätte jedoch
die Spesen übernommen. Weil
es in Spanien, wo de Minaur trainiert,
in der Zwischenzeit aber
auch wieder Turnierserien gibt,
bleibt er dort. «Ein solches Interesse
macht aber sehr stolz»,
sagt Schudel. Wie der Australier
auf das Basler Turnier kam, hätte
Schudel ihn gerne vor Ort gefragt.
Finanzieller Zustupf für die
besten Einheimischen
Nebst der fehlenden Startgage
müssen die Akteure auch das
Nenngeld selbst bezahlen. Auch
die Rolle des Linienrichters
und der Ballkinder übernehmen
sie während der eigenen Spiele
selbst. Dafür lockt das Turnier
mit einer Siegesprämie von
5600 Franken bei den Herren
und 4200 Franken bei den Frauen.
Zudem hat die Turnierleitung
einen Fonds für nationale
Spieler eingerichtet, in dem sich
dank Sponsoren- und Verbandsbeträgen
23 300 Franken angesammelt
haben. Die je zehn besten
Schweizer und Schweizerinnen
haben darauf nun einen
Anspruch. Je nach sportlichem
Erfolg am Turnier erhalten sie
aus dem Fonds einen grösseren
Betrag.
Ein Spieler, der dafür in Frage
kommt, ist Jérôme Kym. Der
junge Möhliner gilt als eine der
grössten nationalen Tennishoffnungen.
Für Kym ist das Turnier
in Basel bereits das vierte nach
den Lockerungen von Mitte Mai.
Zuvor hielt er sich mit Fitnessübungen,
Joggingrunden und
Tenniseinheiten auf der Strasse
bei Laune. «Es wurde Zeit, wieder
einen Schläger und Bälle auf
dem Platz zu berühren», sagt er.
Sein Niveau sei noch nicht dort,
wo er es haben möchte. Das Turnier
in Basel bietet ihm eine
Möglichkeit, dies zu ändern.
«Für die Region ist es toll, einen
solchen Tennisanlass zu haben
», sagt er.
Für das Teilnehmerfeld gibt
es die Anerkennung von Roger
Brennwald, dem Turnierdirektor
der Swiss Indoors. «Er sagte
mir, wir seien nun das grösste
Tennisturnier in Basel in diesem
Jahr», erzählt Schudel. Es erfüllt
ihn mit Stolz.
«Für die
Spieler ist
unser Turnier
ein guter Konditionstest.
»
Kurt Schudel
Turnierdirektor
Der Möhliner Jérôme Kym ist eine der grossen nationalen Tennishoffnungen – und Teilnehmer am Crossklinik Open. Bild: Fresh (Bern, 9.7.2020